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Völkerwanderung nach Ulupamir (April 2006)

Trotz des schlechten Wetters brechen wir zum Vansee in Ostanatolien auf. Vor einiger Zeit hatten wir in einem Magazin einen Bericht über die Pamir-Kirgisen in Afghanistan gelesen. Diese Nomaden leben im 300 Kilometer langen Wakhan Korridor, der im äußersten Nordosten von Afghanistan zwischen Tadschikistan, Pakistan und China liegt. Das britische Empire wollte 1895 mit dieser willkürlichen Grenzziehung eine Pufferzone gegen Russland schaffen. Die dort lebenden Menschen wurden zum Spielball der Weltpolitik, was 1978 zu einer „Völkerwanderung“ der besonderen Art führte.

Bild 1: Ulupamir

Vom Kommunismus in ihrem Lebensraum eingeengt, beschlossen die Pamir-Kirgisen unter Leitung ihres Anführers Rahman Qul mit 1083 Menschen, 5000 Schafen, 700 Yaks, 30 Kamelen und 200 Pferden über die hohen Pässe nach Pakistan zu ziehen, um nach neuen Lebensräumen zu suchen. Nach mehreren Stationen der Flucht in Pakistan und dem Verlust ihres gesamten Tierbestandes als Lebensgrundlage endete der lange Weg 1992 in der Türkei, in dem eigens für sie gebauten Dorf Ulupamir (Großer Pamir).

 

Bild 2: Gastfreundschaft

Zu ihren wenigen im Wakhan zurückgebliebenen Familienangehörigen besteht kaum Kontakt, da es weder Telefon noch Post gibt. Auf unserem Weg durch Afghanistan wollen wir im Frühsommer auch den Wakhan-Korridor erreichen. So beschließen wir, Ulupamir zu besuchen und uns als Postbote in besonderer Mission anzubieten. Nach einer kurzen Fahrt über die schlammige Dorfstraße haben wir sofort Familienanschluss und werden sehr herzlich aufgenommen.


Die Gastfamilie findet in ihrem umgebauten Ziegenstall noch genügend Platz für uns und wir haben sehr interessante Gespräche über die persönliche Situation der Pamir-Kirgisen in ihrer neuen Heimat. Man freut sich über unsere Idee, den entfernten Verwandten eine Botschaft zukommen zu lassen. Briefe werden gesammelt, Tonbandkassetten besprochen und die Kinder der Dorfschule geben uns viele selbst gemalte Bilder mit.


Bild 3: Tonbandbotschaft


Bild 4: Dorfschule

Einige Bilder zeigen leider Kriegsmotive, da auch in der neuen Heimat der Alltag nicht wirklich friedlich ist. Die kurdische PKK möchte die neuen Bewohner mit Waffengewalt vertreiben, so dass 200 Männer ihr Dorf rund um die Uhr beschützen müssen.


Bild 5: Kinderbild

Tief bewegt von den persönlichen Schicksalen setzen wir unsere Reise zur iranischen Grenze fort. Wie eine kleine Entschuldigung für das schlechte Wetter der letzten Wochen verabschiedet uns der nahezu wolkenlose Mt. Ararat aus der Türkei.


Bild 6: Mt. Ararat