Aktiv für die „Kinderhilfe Afghanistan“ (September 2006)
Das Motto unserer 18-monatigen Expedition heißt „Heart-of-Silkroad“. Einerseits ist es unser Ziel, in das Herz der Seidenstraße – Tadschikistan, Afghanistan und Nordpakistan zu reisen – andererseits aber auch „mit Herz“ unterwegs zu sein. Während unserer ersten Reise im Jahr 2002 haben wir soviel Herzlichkeit und Unterstützung erfahren, dass wir dieses Mal etwas zurückgeben wollen. Und so haben wir uns Ende 2005 entschieden, die „Kinderhilfe Afghanistan“ unter Leitung von Dr. Erös zu unterstützen. Dr. Erös und seine Familie haben uns durch ihre langjährig sehr pragmatische und rein ehrenamtliche Arbeit für dieses Projekt sehr angesprochen. „Bildung statt Fundamentalismus“ erscheint uns als ein sehr guter Ansatz für eine selbständige, friedvolle Zukunft Afghanistans.
Bild: Logo der Kinderhilfe Afghanistan
Wir versuchen seitdem, die „Kinderhilfe Afghanistan“ durch Vorträge, Spendenaufrufe, Veröffentlichung in Zeitschriften und nicht zuletzt über unsere Website zu unterstützen. Während unseres Reiseabschnittes in Afghanistan wollen wir aber auch die Schulen vor Ort kennen lernen und uns dort - nach Maßgabe der Dinge - nützlich machen. Die Schulen der Kinderhilfe Afghanistan liegen mit wenigen Ausnahmen in den Ostprovinzen (Nangahar und Khost), in denen sich die Sicherheitslage in den letzten Monaten leider sehr verschlechtert hat. Eine Anreise nach Khost oder Jalalabad mit unserem eigenen, sehr auffälligen Auto ist inzwischen völlig undenkbar und mit unserer Anwesenheit würden wir dort nicht nur uns selbst, sondern auch die Schulen, die Lehrer und die Kinder gefährden.
Auch die Taliban und andere fundamentalistische Kräfte haben inzwischen erkannt, dass die Zukunftshoffnungen Afghanistans auf Bildung beruhen. Durch einen kürzlich vollzogenen Strategiewechsel wollen sie diese Bemühungen im Bildungssektor durch sinnlose Zerstörung von Schulen zunichte machen. Nachts werden Drohbriefe an Lehrer und Eltern verteilt und bei Überfällen auf die Schulen kommen leider immer wieder Schüler und Lehrer zu Schaden. Die Schulen der Kinderhilfe Afghanistan sind zum Glück bisher von all diesen schrecklichen Ereignissen verschont worden, was hoffentlich auch so bleiben wird.
Bild: Schulen in Gefahr (Klick für Großansicht)
In Abstimmung mit Dr. Erös weichen wir auf die Sir Peter Ustinov Friedensschule in Paghman aus, wo die Sicherheitslage nicht so extrem schlecht erscheint.
Bild: Schulleiter in Paghman | Bild: Sir Peter Ustinov - Schule |
Die Sir Peter Ustinov Friedensschule liegt 30 Kilometer westlich von Kabul und wurde mit finanzieller Unterstützung von Peter Ustinov im Jahr 2003 erbaut. Inzwischen wird sie von 1100 Schülern besucht - morgens die Jungen und nachmittags die Mädchen.
Bild: Schulfreundinnen | Bild: Gastvorstellung |
22 Lehrer arbeiten an dieser Schule und das ist natürlich verglichen mit Deutschland eine sehr „knappe“ Besetzung und so ist unsere Unterstützung im Lehrerkollegium herzlich willkommen.
Während unseres Aufenthalts in Paghman kümmern wir uns um den Computerraum der Schule. Die 10 Computerarbeitsplätze bekommen den Strom nicht aus einem Kraftwerk, sondern, wie in Afghanistan üblich, über einen Generator, der leider etwas unterdimensioniert und inzwischen wegen der Überlastung sehr störanfällig ist. So sitzen die 25 Schülerinnen bei unserem ersten Besuch vor einem schwarzen Bildschirm und der Computerunterricht findet theoretisch an der Tafel statt. Wir kümmern uns zuerst einmal um einen neuen Generator, der in den nächsten Tagen von der Kinderhilfe Afghanistan beschafft wird.
Der Unterricht wird den Schülern auch dadurch erleichtert, dass wir die Anwendungsprogramme und das Betriebssystem zweisprachig (Englisch und Farsi/Dari) einrichten. Hierfür besorgen wir in Kabul auch die zweisprachigen Tastaturen. Für eine rein englischsprachige Menüführung am Computer fehlen gerade den jüngeren Schülern die notwendigen Sprachkenntnisse.
Bild: Computerklasse 1 | Bild: Computerklasse 2 |
Auf die vielen Fragen der Jungen und Mädchen antworten wir immer wieder gerne und wir freuen uns besonders, als die Mädchen uns erzählen, dass sie Berufe wie Bauingenieur, Richterin und Ärztin anstreben. Für die friedliche Zukunft Afghanistans ist diese Motivation sicher eine gute Voraussetzung.
Trotz aller Schwierigkeiten, freuen wir uns, einen kleinen Beitrag an einer afghanischen Schule leisteten zu können. Unsere ursprüngliche Planung hat zwar einen wesentlich längeren Aufenthalt bei den Hilfsprojekten vorgesehen, was im Moment leider unmöglich ist. Selbst in Paghman steht man in Punkto Sicherheit auf einem sehr dünnen Eis. Nachdem der örtliche Gouverneur das Land von einigen Familien (anscheinend nicht ganz uneigennützig) enteignen wollte, kam es kürzlich zu einem offenen Volksaufstand. 60 Einwohner sind seitdem im Gefängnis und die Sicherheitslage ist sehr angespannt. Als Ausländer wird man hier automatisch als Befürworter der Zentralregierung (und des betreffenden Gouverneurs) angesehen. Als unser Freund Salim von Einwohnern in Paghman gefragt wird, warum er uns nicht kidnappt, ist für uns der Punkt ereicht, über unsere weitere Arbeit in Afghanistan nachzudenken. Wir entscheiden uns, das Land zu verlassen und reisen über den Khyberpass nach Pakistan aus.
Unabhängig von dieser Entscheidung werden wir die „Kinderhilfe Afghanistan“ natürlich weiterhin unterstützen, weil Bildung der einzige Weg aus der verworrenen Situation in diesem Land ist.