12 Monate, 20 Länder, über 40.000 Kilometer und eine ganz persönliche Bilanz
Mai 2015
Was ? Das Jahr ist schon vorbei? Ist die Zeit schnell vergangen! Genau das hören wir in den ersten Tagen nach unserer Ankunft in Berlin am häufigsten: „Wo ist die Zeit bloß geblieben?“
Zeit kann man nicht festhalten und schon gar nicht zurückdrehen. Zeit kann man nur im Jetzt nutzen. Wir haben uns Zeit für ein Jahr genommen und die Zeit –unsere Zeit - in diesem Jahr fern ab der Heimat ganz anders empfunden. Für uns ist die Zeit unterwegs lange nicht so schnell vergangen, wie ein Jahr zu Hause. Wir hatten Zeit neue Länder zu bereisen, Zeit Menschen kennenzulernen, Zeit zu diskutieren, Zeit zum Nachzuhaken und vor allem: Zeit für uns. Raus aus der täglichen Routine haben wir uns Zeit für eine Reise genommen. Zeit war und ist für uns der wahre Luxus des Lebens!
Es ist der Mythos der Seidenstraße, der uns seit 13 Jahren immer wieder fasziniert. Es sind die fremden Menschen, ihr Leben, ihre Geschichte, ihre Kultur und ihr Land, das wir kennen lernen wollen. Es ist diese Mischung aus Fernweh, Sehnsucht und Neugierde, die uns immer wieder antreibt.
Mit dem eigenen Auto einfach mal losfahren. All das klingt verlockend. Das klingt nach Abenteuer, Freiheit und Unabhängigkeit. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten und so ist eine Reise immer mit Herausforderungen und Hindernissen verbunden. Im einfachsten Fall schlägt man sich nur mit der fremden Bürokratie herum. Denn trotz aller Vorbereitungen und einer langjährigen Reiseerfahrung standen auch wir immer wieder vor Problemen, die wir lösen mussten. So wurden wir aus Aserbaidschan deportiert, in Kirgisien schien es an der chinesischen Botschaft schier unmöglich zu sein, ein Visum zu bekommen, nach Georgien konnten wir wegen eines Erdrutsches nicht einreisen, auf dem Attabadsee in Pakistan musste unser Auto auf zwei verzurrten Holzbooten transportiert werden, diverse kleinere und größere Autoreparaturen und am Ende unserer Reise noch der Differentialschaden in Thailand haben uns immer wieder Nerven gekostet. Und last but not least hatten wir bei unserem Autounfall am tibetischen Plateau in China einen ganz großen Schutzengel. Von Krankheiten sind wir auf dieser Reise weitgehend verschont geblieben, so dass wir unsere Reiseapotheke nahezu vollständig wieder mit nach Hause bringen konnten.
Es bleiben uns nach der Reise die Erinnerungen an die vielen Menschen mit ihrer unendlichen Gastfreundschaft und ihrem Vertrauen, das sie uns geschenkt haben, als wären wir gute alte Freunde. Es bleiben die Bilder der großartigen Landschaften, hohen Berge,endlosen Wüsten und beeindruckenden Bauwerke. Es bleiben die Gerüche auf den Märkten und Basaren. Es bleibt die Musik, die wir gehört haben. Es bleiben so viele wunderbare Eindrücke, die dieses Reisejahr für uns unvergesslich machen. Es war für einen begrenzten Zeitraum ein besonderes und anderes, selbstbestimmtes Leben. Es war ein Jahr der Freude, der Entbehrungen, der Erkenntnisse aber auch der Einsamkeit. Es war beruhigend und aufbrausend, kalt und heiß, abenteuerlich und schön, unbegreiflich einfach und manchmal auch schwierig. Wir haben viel Neues gesehen, viel gelernt und uns dabei mit sozialen, ökologischen und historischen Fragen auseinandergesetzt. Und dabei mussten wir oft unsere westliche Brille abnehmen und einfach nur die Dinge auf uns wirken lassen ohne alles mit unseren Wertvorstellungen vergleichen zu wollen.
Sicher werden wir unser Leben nach dieser Reise nicht umkrempeln. Wir wollen weiterhin versuchen, Brücken zu bauen und interessierte Menschen an unseren Erlebnissen teilhaben zu lassen. Wir werden wieder Vorträge halten und vor allem werden wir, wie seit langen Jahren, die „Kinderhilfe Afghanistan“ unterstützen.
Nun hat uns der heimische Alltag wieder. Unser Toyota kommt Ende Mai in Bremerhaven an und dann geht alles wieder seinen (vermeintlich) geregelten Gang. Wir freuen uns auf unsere Familie, die Freunde und Kollegen sowie auf den neuen Alltag und schätzen wieder vieles, was für uns vor der Reise eine Selbstverständlichkeit war und was wir unterwegs vermisst haben.
Heute schließen wir das Buch unserer „Seidenstraßen-Reise 2014/15“. Mal sehen, wann wir das nächste Kapitel aufschlagen werden.